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In regelmäßigen Abständen möchten wir auf dem LEBENSNAH-Blog auch Schätze aus unseren systemischen Methodenkisten weitergeben. Heute schreibt Simone Bebermeyer über ihre Methode „Lebenslandschaft“, die sie nicht nur in ihrer Arbeit begleitet, sondern die sie kürzlich auch in einem Buchbeitrag veröffentlichte.
Glücksmomente
„Was war ein Glücksmoment für Sie?“ … Schulterzucken bei meinem Gegenüber. Vielleicht noch die Nachfrage „Was meinen Sie damit?“. Glücksmomente spontan zu benennen scheint eine schwierige Aufgabe für uns zu sein, gerade für Menschen in Beratung, da sie vordergründig mit einem Problem zu uns kommen. Grundsätzlich denke ich, dass es uns Menschen bereits sehr schwer fällt, solche Glücksmomente im Alltag wahrzunehmen. Wie soll man sie dann erst benennen?!
Es ist einfach zu beschreiben, dass Glücksmomente Augenblicke sind, in denen man glücklich ist. Häufig wird bei der Frage nach ganz großen Dingen gesucht, glückliche Phasen im Leben, die über das scheinbar „normale Es-geht-mir-gut“ hinausgehen. Doch manchmal sind es ganz kurze Augenblicke - Begegnungen, Gedanken, Bilder, Gerüche u. ä. - die genau diese Momente des Glücks sein können.
Wann bin ich glücklich?
Ich erinnere mich spontan an ganz verschiedene Situationen ...
Vor einigen Wochen habe ich plötzlich einen platten Reifen gehabt. Ich war in einer Großstadt, weit weg von Zuhause und hatte keine andere Möglichkeit, dort wegzukommen, als dass mir jemand den Reifen wechselt. Ein Ersatzrad hatte ich auch nicht. Und da habe ich das große Glück gehabt, dass ich eine Werkstatt, 500 Meter entfernt, gefunden habe, die mir innerhalb kürzester Zeit ganz selbstverständlich einen neuen Reifen aufgezogen und geschenkt hat. Welch ein Glück!
Vor einigen Tagen bin ich einer Frau an der Tankstelle begegnet, die mir Platz machte, damit ich tanken konnte. Daraus ergab sich ein ganz kurzes, sehr freundliches Gespräch. In solchen Momenten wird mir immer bewusst, wie sehr ich Menschen mag, die einfach so lächeln und mich in ein belangloses Gespräch verwickeln. In diesen Situationen verspüre ich Glückseligkeit.
Und dann erinnere ich mich an ganz existenzielle Augenblicke, wie der erste Blick auf meinen positiven Schwangerschaftstest. Das sind solche Glücksmomente, die mir mein gesamtes Leben in Erinnerung bleiben werden, weil sie eine große Sehnsucht von mir erfüllt und mein gesamtes Leben verändert haben.
In der Praxis
Im Rahmen meiner täglichen Arbeit mit jugendlichen Klienten oder in Fortbildungsveranstaltungen versuche ich die Wahrnehmung auf solche Ressourcen zu schärfen. Dafür nutze ich das Modell der „Lebenslandschaft“ (Bebermeyer, 2017 In Natho, 2017). Die Idee ist daraus entstanden, dass es vor allem belasteten Menschen eher schwer fällt, nach den Ressourcen in ihrem Leben zu schauen. Dabei dient die Metapher einer „Lebenslandschaft“, die jeder in sich trägt, als Grundlage für diese kreative Methode. Es können Glücksmomente, tragfähige Beziehungen, Fähigkeiten, gemeisterte Krisen, Träume, Erfolge und vieles mehr erinnert und dargestellt werden. Die Verknüpfung mit Landschaften dient der kreativen Gestaltung. So können Inseln, Berge, Flüsse, Blumen, Straßen, Brücken etc. der Assoziation mit den persönlichen Erfahrungen dienen. Es entstehen Steine des Glücks, Straßen der Träume, Bäume der Beziehungen usw. Auf verschiedene Weisen entstehen ganz individuelle Lebenslandschaften auf Papier, mit Materialien und in der Natur. Der Kreativität sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt.
Wer mehr erfahren möchte...
Wer mehr dazu lesen möchte, der sei auf den Artikel „Lebenslandschaften – eine ressourcenorientierte Methode zum Aufbau von Beziehungen“ (Bebermeyer, 2017) im Buch von Frank Natho „Bildung ist mehr als Lernen – Systemische und vertrauensbasierte Perspektiven auf Erziehung, Bildung, Lernen und Leitung“ (2017) verwiesen.
Die Methode wird im Juni außerdem Thema im Grundlagenseminar „Systemisches Arbeiten mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ bei LEBENSNAH sein.
Herzlichst
Ihre Simone Bebermeyer
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